Gastrointestinale Infektionen

Gastrointestinale Infektionen zählen zu den häufigsten Infektionen in der Primärversorgung. Obwohl sie nicht immer schwerwiegend und oft schnell ausgeheilt sind, können sie in einem bestimmten medizinischen Umfeld oder für bestimmte Patientengruppen gefährlich werden.

Gastrointestinale Infektionen

  • > 200 Millionen Fälle von infektiöser Gastroenteritis pro Jahr in den USA1
  • Weltweit sterben jedes Jahr 3-6 Millionen Kinder an infektiöser Gastroenteritis2
  • Ausbrüche gastrointestinaler Infektionen in Gesundheitseinrichtungen sind zunehmend besorgniserregend

Definition

Gastrointestinale Infektionen rufen eine Entzündung des Magen-Darm-Trakts (= Gastroenteritis) hervor. Sie werden durch Viren, Bakterien oder Parasiten verursacht. Zu den Symptomen gehören Durchfall, Erbrechen und Bauchschmerzen. Die Hauptgefahr gastrointestinaler Infektionen besteht in der Dehydrierung, weshalb eine Zufuhr von ausreichend Flüssigkeit  wichtig ist. Meist sind gastrointestinale Infektionen selbstlimitierend und klingen innerhalb weniger Tage ab. Allerdings können sie in Gesundheitseinrichtungen und für bestimmte Bevölkerungsgruppen (Neugeborene, Kleinkinder, Immungeschwächte oder ältere Menschen) potentiell gefährlich werden. Die frühzeitige Diagnose, eine geeignete Therapie und Hygienemaßnahmen sind in diesem Zusammenhang besonders wichtig.

Gastrointestinale Infektionen können durch eine Vielzahl von Mikroorganismen verursacht werden:

 

Adenoviren

Adenoviren können Durchfall, Fieber, Bindehautentzündungen, Blaseninfektionen und Hautausschläge hervorrufen. Das am häufigsten auftretende Symptom ist jedoch eine Erkrankung der Atemwege. Nach den Rotaviren sind die Adenoviren die häufigste Ursache für Durchfall im Kindesalter. 
 

Campylobacter

Campylobacter ist weltweit eine der häufigsten bakteriellen Ursachen für eine Gastroenteritis und ist häufig bei Kindern unter zwei Jahren zu finden. Symptomatisch können Durchfall (manchmal blutig), Bauchkrämpfe, Erbrechen und Fieber auftreten. Eine Infektion mit Campylobacter ist in der Regel lebensmittelbedingt und erfolgt über rohes oder halbgegartes Fleisch (vor allem Geflügel) oder durch kontaminierte Milch. 

 

Clostridium difficile

C. difficile ist für bis zu 25% der Fälle einer Antibiotika-assoziierten Diarrhoe verantwortlich, die meistens in Krankenhäusern oder Gesundheitseinrichtungen auftreten3. Ältere oder immungeschwächte Patienten sind besonders gefährdet. Die in den letzten Jahren neu aufgetretenen hochtoxinogenen und resistenten C. difficile-Stämme führten häufigere und schwerere Ausbrüchen sowie höherer Morbidität und Mortalität.

 

Escherichia coli

E. coli ist die Hauptursache von Reisedurchfall und insbesondere bei Kindern in Entwicklungsländern eine Hauptursache von Durchfallerkrankungen. Der Mensch nimmt E. coli normalerweise über Wasser auf, das durch Fäkalien von Menschen oder Tieren kontaminiert ist. 

 

Escherichia coli O157:H7

E. coli O157:H7 ist ein Shiga-Toxin-produzierendes E. coli-Bakterium, das gastrointestinale Infektionen mit Symptomen wie blutiger Durchfall und Erbrechen verursacht. Obwohl die Symptome in der Regel nach ein paar Tagen überwunden sind, kann manchmal (in 5-10%4 der Fälle) ein hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) auftreten das unbehandelt und zu einem Nierenversagen führen kann.

 

Helicobacter pylori

H. pylori ist Verursacher einer Gastritis  mit der Entstehung von Magen- und Duodenalgeschwüren assoziiert. Die Infektion kann Magenschmerzen oder Übelkeit verursachen, aber in vielen Fällen treten keine Symptome auf. Bei Infizierten liegt das Risiko Zeit ihres Lebens ein Magengeschwür zu entwickeln bei 10-20% und das Risiko für die Entwicklung von Magenkrebs bei 1 bis 2%5

 

Rotaviren

Rotaviren sind die häufigste Ursache für Durchfallerkrankungen bei Kleinkindern und Säuglingen und für die schwerwiegendsten Fälle verantwortlich. Ein Impfstoff ist vorhanden , trotzdem verursacht es weltweit pro Jahr mehr als ½ Million Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren6. Die meisten davon in Schwellenländern.

 

Salmonella and Shigella

Infektionen mit Salmonellen und Shigellen sind lebensmittelassoziierte Erkrankungen. Salmonellen sind weit verbreitet und finden sich in rohem Fleisch, Geflügel, Meeresfrüchten und Eiern sowie in Milch und Milchprodukten. Akute Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, Durchfall, Fieber und Kopfschmerzen. Shigellen finden sich häufig in Wasser, das mit menschlichen Fäkalien verunreinigt ist. Symptome der Shigellose (bakterielle Dysenterie) sind Bauchschmerzen, Krämpfe, Durchfall, Fieber, Erbrechen und Blut, Eiter oder Schleim im Stuhl.

 

Staphylococcus aureus

S. aureus ist der häufigste Verursacher einer Lebensmittelvergiftung., Sie ist durch abruptes/heftiges Einsetzen, schwere Übelkeit, Krämpfe, Erbrechen und anhaltendem Durchfall über 1 bis 2 Tage gekennzeichnet. Dieser opportunistische Erreger findet sich beim Menschen auf der Haut, in infizierten Wunden, in der Nase und im Rachen und tritt bei einer Reihe von Lebensmitteln wie Fleisch- und Fleischprodukten, Geflügel- und Eiprodukten, Salaten, Backwaren und Milchprodukten auf.

 

Yersinia enterocolitica

Y. enterocolitica ist eine relativ seltene Ursache für Durchfall und Bauchschmerzen. Eine Infektion mit diesem Erreger wird am häufigsten durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln, vor allem rohen oder zu gering gegarten Schweinefleischprodukten, sowie Eis und Milch erworben. Häufige Symptome sind Fieber, Bauchschmerzen und Durchfall, der oft blutig ist.

 

Diagnostik

Treten Symptome auf, die auf eine mögliche gastrointestinale Infektion hindeuten, kann die Diagnose durch Labortests, durch Kultivierung, den Nachweis von Antigenen in Stuhlproben oder molekularbiologische Tests, bestätigt werden. In bestimmten Fällen (z. B. bei E. coli, Salmonella, C. difficile ...) wird zur Bestimmung der mikrobiellen Resistenz eine Antibiotika-Empfindlichkeitstestung durchgeführt, um gegebenenfalls eine wirksame Antibiotikatherapie einzuleiten. Besonders im Krankenhaus bietet die schnelle Diagnostik wichtige Informationen zur Durchführung von Hygienemaßnahmen.

Um die Ursache von Durchfall zu diagnostizieren, ist es hilfreich zu prüfen, ob dieser lebensmittelbedingt ist oder "Reisedurchfall“ zugrunde liegt.

 

Lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche:

  • Oft lokal auftretend – z. B. bei einer Gruppe von Menschen, die sich beim gemeinsamen Essen infizieren.
  • Problem der öffentlichen Gesundheit, wenn die Infektion weitverbreitet ist und Menschen an verschiedenen Orten über einen längeren Zeitraum davon betroffen sind.
  • Wichtig ist die Erkennung und epidemiologische Überwachung, um eine Infektion weiterer Personen zu verhindern.
  • E. coli, Salmonella, Campylobacter und Staphylococcus zählen zu den am häufigsten vorkommenden Erregern lebensmittelbedingter Ausbrüche.

Reisedurchfall:

  • Häufigste reisebedingte Erkrankung.
  • Reisende infizieren sich an Orten, an denen verschiedene pathogene Erreger vorkommen, an die sie nicht gewöhnt sind; vor allem in Regionen wo Lebensmittel/Wasser häufiger kontaminiert sind.
  • Häufigster Übertragungsweg ist die Aufnahme von fäkal verunreinigten Lebensmitteln oder Wasser.
  • Die meisten Fälle sind durch Bakterien verursacht wie z.B. E. coli, Salmonella und Shigella.
     

Prävention und Therapie

Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung gastrointestinaler Infektionen:

  • Gründliches Händewaschen
  • Desinfektion kontaminierter Oberflächen mit Bleichmittel
  • Waschen verunreinigter Kleidungsstücke
  • Schnellstmögliche Identifizierung infizierter Patienten und Implementierung erweiterter Infektionskontrollmaßnahmen
  • Für die meisten gastrointestinalen Infektionen gibt es keine Impfstoffe. Ausnahmen:
    • Rotavirus
    • Adenovirus (begrenzt verfügbar)
  • Bei C. difficile gilt: Verschreibung unnötiger Antibiotika vermeiden.

 

Therapiemaßnahmen bei gastrointestinalen Infektionen beinhalten:

  • Orale, manchmal intravenöse Flüssigkeitszufuhr
  • In vielen Fällen bakterieller Gastroenteritis ist nur eine symptomatische Behandlung (gegen Fieber, Durchfall) erforderlich.
  • Antibiotika sind in der Regel nicht zu empfehlen, da sie bei einer viralen Infektion keine Wirkung zeigen, Nebenwirkungen haben und übermäßiger Einsatz das Risiko bakterieller Resistenzentwicklung erhöht.
  • In besonders schweren Fällen von Gastroenteritis oder wenn ein bestimmtes Bakterium als Infektionsursache identifiziert wurde werden Antibiotika empfohlen.
     

Leitlinien

  • Society for Healthcare Epidemiology of America (SHEA) / Infectious Diseases Society of America (IDSA)
    Clinical Practice Guidelines for Clostridium difficile Infection in Adults: 2010 Update by SHEA / IDSA Infect. Control Hosp. Epidemiol. 2010;31(5):000-000
    http://www.jstor.org/stable/10.1086/651706

REFERENZEN

 

  1. Bryan CS. Infectious Diseases in Primary Care. Edition: Saunders. 2002
  2. Merck Online Medical Library – Gastrointestinal Disorders www.merck.com
  3. Bartlett JG. Clinical practice. Antibiotic-associated diarrhea. N Engl J Med 2002;346:334-349
  4. CDC website: http://www.cdc.gov/ecoli/
  5. Clin Microbiol Rev. 2006 July; 19(3): 449–490. doi:  10.1128/CMR.00054-05
    “Pathogenesis of Helicobacter pylori Infection”, Johannes G. Kusters, Arnoud H. M. van Vliet, and Ernst J. Kuipers http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1539101/
  6. CDC website: http://www.cdc.gov/rotavirus/index.html

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